Was ist Erfahrung? Zweites Hamburg Symposium für Philosophie und Anthropologie

Erfahrung ist ein Schlüsselbegriff der Phänomenologie. In den vergangenen Jahrhunderten haben europäische Wissenschaftler eine Fülle von Ideen entwickelt, um die Struktur der Erfahrung zu beschreiben, darunter Intentionalität, Verkörperung und Intersubjektivität. Viele dieser Ideen sind in der phänomenologischen Anthropologie aufgegriffen worden und haben zum Wachstum einer lebendigen und produktiven Teildisziplin beigetragen (Schnegg 2023).

Aber sind diese Konzepte, die aus spezifischen kulturellen und historischen Kontexten stammen, wirklich geeignet, um zu beschreiben, wie Menschen außerhalb des Schwarzwalds oder von Paris beispielsweise ihre Beziehung zu menschlichen und nichtmenschlichen Anderen erleben? Oder reproduzieren wir europäische Vorurteile, wenn wir diese Begriffssprache verwenden, um zu beschreiben, was andere erleben? Dies sind die grundlegenden Fragen, denen wir nachgehen wollen. Die Frage wurde ursprünglich von Desjarlais vor drei Jahrzehnten formuliert (Desjarlais 1994). Angesichts der zunehmenden Notwendigkeit, die Anthropologie zu dekolonisieren, ist sie aktueller denn je.

Insgesamt geht es also darum, klassische und etablierte Erfahrungskonzepte auf einen ethnographischen und interkulturellen Prüfstand zu stellen und kritisch zu fragen, ob sie für die Beschreibung außereuropäischer Situationen geeignet sind oder ob sie ergänzt oder ersetzt werden müssen.

Der Workshop setzt eine Diskussion zwischen Philosophie und Anthropologie fort, die wir im letzten Jahr begonnen haben, als Thiemo Breyer (Professor für Phänomenologie und Anthropologie, Universität Köln) Fellow am HIAS war. Indem wir die Diskussionen, die wir während des letztjährigen Workshops zum Thema „Normiertes Bewusstsein“ geführt haben, mit einer Debatte in Verbindung bringen, die die beiden Organisatoren im Rahmen einer kürzlich erschienenen Publikation zur phänomenologischen Anthropologie (Schnegg 2023, Desjarlais) geführt haben, zielt der diesjährige Workshop darauf ab, die Debatte zwischen den beiden Disziplinen weiterzuführen.

Organisatoren

Michael Schnegg (Universität Hamburg)
Robert R. Desjarlais (Sarah Lawrence College)

Teilnehmende

  • Aman, MA (Universität Hamburg)
  • Prof. Dr. Jonas Bens (Universität Hamburg)
  • Prof. Dr. Thiemo Breyer (Universität zu Köln)
  • Prof. Dr. Robert Desjarlais (Sarah Lawrence College)
  • Prof. Dr. Rasmus Dyring (Aarhus University)
  • Prof. Dr. Tine Gammeltoft (University of Copenhagen)
  • Dr. Harmandeep Gill (University of Oxford)
  • Prof. Dr. Cheryl Mattingly (University of Southern California)
  • Prof. Dr. Julia Pauli (Universität Hamburg)
  • Dr. Michael Pröpper (Universität Hamburg)
  • Prof. Dr. Andrés Romero (Rollins College)
  • Prof. Dr. Michael Schnegg (Universität Hamburg)
  • Prof. Dr. Thomas Schwarz Wentzer (Aarhus University)
  • Dr. Julian Sommerschuh (Universität Hamburg)
  • Prof. Dr. Jason Throop (UCLA)
  • Prof. Dr. Markus Verne (Universität Mainz)
  • Prof. Dr. Tyler Zoanni (Universität Bremen)

Referenzen

Desjarlais, Robert (1994) Struggling Along: The Possibilities for Experience Among the Homeless Mentally Ill. American Anthropologist 96:886-901.

Schnegg, Michael (2023) Phenomenological Anthropology: Philosophical Concepts for Ethnographic Use. Zeitschrift für Ethnologie 148:59–102. https://zfejsca.org/ojs/index.php/jsca/article/view/Schnegg

Desjarlais, Robert (2023) The Question of Experience. Comment to Michael Schnegg’s Article. Zeitschrift für Ethnologie 148:103–106. https://zfejsca.org/ojs/index.php/jsca/article/view/1266