Eva-Maria Merz ist Soziologin mit einem Hintergrund in Familienforschung und Demografie. Sie leitet den Forschungsbereich „Spenderverhalten“ bei Sanquin und ist ordentliche Professorin für Spenderverhalten am Fachbereich Soziologie der Vrije Universiteit Amsterdam. Merz erwarb einen Master-Abschluss in Sozialwissenschaften an der Freien Universität Berlin (2003) und promovierte in Entwicklungspsychologie an der Vrije Universiteit Amsterdam (2008). Von 2008 bis 2014 arbeitete sie als Postdoktorandin und später als Senior Researcher am Netherlands Interdisciplinary Demographic Institute der Royal Dutch Academy of Sciences. Im Jahr 2018 erhielt sie ein prestigeträchtiges Stipendium des Europäischen Forschungsrats (ERC), um Motivatoren und Hindernisse für das (Blut-)Spenderverhalten im Laufe der Zeit und in verschiedenen kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten zu untersuchen. Merz’ Forschung profitiert von ihrer fruchtbaren Zusammenarbeit mit der niederländischen Blutbank und internationalen Organisationen wie der International Society of Blood Transfusion (ISBT) oder dem National Health Service Blood and Transplant sowie dem Deutschen, Finnischen, Belgischen, Australischen und Österreichischen Roten Kreuz.
Eva-Maria Merz verbindet in ihrer Arbeit theoretisches und angewandtes Fachwissen über das Verhalten von Blut- und Organspendern, um die Lebensläufe von Spendern und den Einfluss von persönlichen und sozialen Netzwerkmerkmalen in verschiedenen Kontexten zu untersuchen. Ihre Leidenschaft für dieses Thema ergibt sich aus ihrer wissenschaftlichen Beschäftigung mit verschiedenen Arten von prosozialem Verhalten, z. B. der Pflegearbeit von Familien, und ihrem Interesse an Fragen der öffentlichen Gesundheit. In ihrer Forschung wendet sie theoretische und empirische Erkenntnisse aus den Sozialwissenschaften auf Dilemmata in der Transfusions- und Transplantationsmedizin an, d.h. auf das kostenintensive Verhalten bei der Spende von Substanzen menschlichen Ursprungs und auf die Verfügbarkeit adäquater und geeigneter Produkte für verschiedene Patientengruppen. In all ihren Projekten nimmt sie eine dynamische Lebensverlaufsperspektive ein, um herauszufinden, wie sich das Zusammenspiel von individuellem Handeln, Beziehungen innerhalb sozialer Netzwerke über verschiedene Lebensphasen hinweg und der soziokulturelle Kontext auf Blut-, Zell- und Organspenden auswirken.
Transplantationsorgane sind weltweit immer noch Mangelware. Jedes Jahr sterben viele Patienten aufgrund der langen Wartelisten und des Organmangels. Eine vorgeschlagene politische Lösung, um die Verfügbarkeit von Organen zu erhöhen, besteht darin, die Standardregistrierung für postmortale Organspender von einem “Opt-in”-System (in der Regel handelt es sich um Nichtspender, die sich aktiv registrieren lassen) in ein “Opt-out”-System (in der Regel handelt es sich um Spender, die sich aktiv abmelden) zu ändern. Organe für Transplantationen werden jedoch sowohl von postmortalen Spendern als auch von Lebendspendern gespendet: Familie, Freunde oder Fremde. Epidemiologische Daten zeigen, dass die Zahl der Lebendspender bei einem Opt-out-System im Vergleich zu einem Opt-in-System abnimmt. Unterschiede in der Gesetzgebung (z.B. Opt-in in Deutschland und Opt-out in Österreich) sowie jüngste Gesetzesänderungen von Opt-in zu Opt-out, z.B. in Wales und den Niederlanden, bieten eine ausgezeichnete Gelegenheit und Anregung, die Mechanismen zu untersuchen, die der individuellen und politischen Entscheidungsfindung in Bezug auf postmortale und Lebendorganspenden zugrunde liegen. In ihrer Arbeit untersucht Professor Merz ethische und moralische Fragen im Zusammenhang mit Organspende und -transplantation, die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Transplantaten für die Patientenversorgung sowie politische Maßnahmen, mit denen versucht wird, Entscheidungen über Organspende und -transplantation zu beeinflussen.
Eva-Maria Merz’ Tandempartner ist Michel Clement, Professor für Marketing und Medien an der Universität Hamburg.
Ihr HIAS-Fellowship wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie der Freien und Hansestadt Hamburg im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern der Universität Hamburg finanziert.
Tandem
Michel Clement, Professor für Marketing und Medien, Universität Hamburg
Bildinformation
Bélisaire demandant l’aumône, Jacques-Louis David 1780 (Musée du Louvre, Département des Peintures)