Workshop mit dem Makroökonom Jörg Bibow
Das heutige Geldsystem ist das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung: ein zweistufiges System von „Bankgeld“, das in erster Linie von profitorientierten Privatbanken im Rahmen ihres Kreditgeschäfts ausgegeben wird, aber letztlich von einer mit einem öffentlichen Auftrag ausgestatteten nationalen Zentralbank verankert wird, die auch einen schrumpfenden Rest von öffentlichem (Papier-)Geld emittiert. Die weltweit zu beobachtende öffentlich-private Partnerschaft bei der Emission von Bankgeld mit vielfältigen nationalen Eigenheiten, insbesondere die damit verbundene zentralisierte, auf einem Hauptbuch basierende Zahlungstechnologie, hat sich in den letzten rund 100 Jahren nicht grundlegend geändert.
Seit der globalen Finanzkrise von 2007-2009 sind Banken und Bankgeld jedoch einem vielschichtigen Angriff ausgesetzt. Da die Banken sowohl durch die Krise geschwächt als auch durch die Neuregulierung eingeschränkt wurden, sind neue Akteure und neue Produkte in den Zahlungsverkehrsmarkt eingetreten, der traditionell allein von den Banken besetzt war. Neue Technologien und eine Nullzins-Geldpolitik haben dazu beigetragen, den neu entdeckten Wettbewerb anzuheizen. Das Ergebnis ist, dass sich der Geld- und Zahlungsverkehr heute, nachdem er etwa ein Jahrhundert lang eher untätig war, sehr schnell verändert. Darüber hinaus bleibt die Richtung unklar, da China, Europa und die Vereinigten Staaten anscheinend ganz unterschiedliche Ansätze verfolgen.
Die unterschiedlichen Entwicklungen im Geld- und Zahlungsverkehr zwischen den drei globalen Giganten könnten zu einem kritischen Aspekt bei der sich abzeichnenden Fragmentierung des globalen Finanzsystems werden. Auch im Rest der Welt werden in rasantem Tempo zahlreiche Innovationen und Experimente im Zahlungsverkehr durchgeführt. In der Zwischenzeit strebt die G20 eine koordinierte Verbesserung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs an, der traditionell auf dem Korrespondenzbankwesen basiert. Die hohen Kosten für Überweisungen und die mangelnde Inklusivität des Bankwesens stellen in vielen Ländern weiterhin ein Entwicklungsproblem dar.
Der Workshop soll den aktuellen Stand und die Aussichten für die Entwicklung (oder Revolution?) des Geld- und Zahlungsverkehrs sowie damit zusammenhängende Fragen von politischer Relevanz untersuchen.
Jörg Bibow hat internationale Experten nach Hamburg eingeladen, um diese Entwicklungen und die oben genannten politischen Fragen zu diskutieren.
Teilnehmende
- Iñaki Aldasoro, Bank for International Settlements
- Jörg Bibow, Skidmore College
- Peter Bofinger, University of Würzburg
- Sheila Dow, University of Stirling
- Arne Heise, Universität Hamburg
- Lars Hupel, Giesecke+Devrient
- Sheri Markose, University of Essex
- Perry Mehrling, Boston University
- Steffen Murau, Freie Universität Berlin
- Maarten van Oordt, Vrije Universiteit Amsterdam
- Richard Senner, Swiss National Bank
- Andrea Terzi, Milano Catholica University